Zu einem guten ökologischen Zustand an stehenden Gewässern gehört immer eine gut ausgebildete Röhrichtzone. Dort finden wesentliche Prozesse statt, die Grundlagen für ein vielfältig und artenreich strukturiertes Gewässer und für seine Selbstreinigungskraft sind. Schwimmende Röhrichtinseln werden in den letzten Jahren zunehmend häufig in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden eingesetzt.
Die Röhrichtinseln sind schwimmfähige Konstruktionen, die vollständig mit Pflanzen bewachsen sind. Die Schwimmkörper bestehen aus stabilen Elementen und werden auf Maß angefertigt. Diese sind umweltneutral, frost- und UV-beständig. Die einfachste Form der Verankerung sind Ankerseile und Ballastgewichte auf dem Gewässergrund. Die Elemente müssen eine spezifische Steifigkeit aufweisen, damit auch unter schwierigen hydraulischen Bedingungen die Pflanzen „stressfrei“ anwachsen können und die Haltbarkeit der Konstruktion auch langfristig gewährleistet bleibt.
Viele stehende Gewässer besitzen keine oder nur eine ungenügend ausgebildete Röhrichtzonen. Ursachen hierfür können in der spezifischen Ufermorphologie, in der Zerstörung bestehender Röhrichtzonen durch hydraulische oder biobiologisch-chemische Einflüsse, in stark schwankende Wasserstände u.ä. liegen. Wenn nun dieses Strukturelement mit landschaftsbaulichen Methoden nicht (oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand) hergestellt werden kann, bieten schwimmende Röhrichtinseln eine Alternative; sie sind ein Ersatzlebensraum.
Eine Beruhigung des Wasserkörpers ist häufig eine wesentliche Vorbedingung für die erfolgreiche Durchführung von Pflanzmaßnahmen im Uferbereich oder für den Schutz bestehenden Röhrichts (z.B auch vor Wellenschlag von Schiffen). Eine mögliche Lösung bieten hier die schwimmenden Röhrichtinseln. Sie werden dem Ufer vorgelagert und verringern somit wesentlich den Energieeintrag im Uferbereich. Wenn sich in diesem Wellenschatten die Vegetation erholt hat oder erstmals entstanden ist, können die schwimmenden Röhrichtinseln problemlos an eine andere Stelle verzogen werden. Um für die Wellendämpfung verlässliche Daten zu erhalten, wurden Versuche im Wellenkanal unternommen. Es zeigte sich, dass bei Wellenlängen von ca. 1 Meter (welche typisch für Uferbereiche von Binnenseen sind) eine Wellendämpfung von etwa 90 % erreicht wird. Für den Energieeintrag auf das Ufer bedeutet das eine Reduktion auf erosions-unwirksame Werte.
Die frei ins Wasser hängenden Wurzeln ermöglichen die Entstehung eines komplexen Nahrungsgefüges. Durch Untersuchungen zur Besiedlung des Wurzelraums konnte eine hohe Besiedlungsdichte festgestellt werden. Die Lebensgemeinschaft Wurzelraum bietet somit sehr gute Nahrungsbedinungen.
Insbesondere Fische benötigen natürliche Schutzräume, die als Versteck dienen können. Hier bieten die Röhrichtinseln durch die Bedeckung der Wasserfläche und zusätzlich durch den Wurzelfilz unter den Röhrichtinseln eine hervorragende Schutzzone. Außerdem stellt dieser Bereich ein biologisch hochaktives Gefüge dar, in dem sich eine Vielzahl von Fischnährtieren aufhalten. Somit können in Gewässern oberflächennahe Bereiche geschaffen werden, in denen die Fische sich gut geschützt aufhalten können. Über der Wasserfläche bildet sich ein idealer Lebensraum für Amphibien, Libellen usw. Schon nach wenigen Wochen zeigt sich üppiges Grün.
Unter den Röhrichtinseln entsteht ein weit verzweigtes Wurzelsystem. Alleine unter einem Quadratmeter Röhrichtinsel entwickeln sich Wurzeln von über 100 km Länge und einer Oberfläche von über 100 qm. Auch besitzt der Wurzelraum eine große besiedelbare Oberfläche für Mikroorganismen, die von zentraler Bedeutung für die Selbstreinigungskraft unserer Gewässer sind. Diese Bakterien bilden nun wieder die Nahrungsgrundlage für Wimperntierchen, diese für Rädertierchen und diese für Kleinkrebse. Dieses Zooplankton ernährt sich auch von Algen. Diese bewirken dann eine Verringerung der Algenbiomasse und verbessern die Sichttiefen. Durch dieses spezifische Klima und die hohe Produktivität wirkt der Wurzelraum ähnlich einer Pflanzenkläranlage und trägt zum Abbau einer übermäßigen organischen Belastung bei. Gleichzeitig wird durch die Beschattung einer unerwünscht starken Algenentwicklung entgegen gewirkt.
Die multifunktionalen Röhrichtinseln bieten durch ihr Wurzelwerk und das spezielle Schutznetz, welches bis zum Grund reicht und dazu dient Raubvögel wie den Komoran abzuhalten, auch ein optimales Laichhabitat. Optional können die auf der Insel wachsenden Pflanzen durch einen kleinen Maschendrahtzaun vor Verbiss, z.B. durch Bisam oder Nutria, geschützt werden.
Die Pflanzen leben in einer Art Hydrokultur. So lange sie genügend Nährstoffe aus dem Wasser erhalten (dies ist in Mitteleuropa nahezu überall gewährleistet) und keine toxischen Stoffe eingeleitet werden, regeneriert und entwickelt sich der Bestand kontinuierlich und bedarf keiner zusätzlichen Pflege. Eventuell können bei einer Überpopulation von Wasservögeln zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Pflanzung getroffen werden. Im Herbst kann der Bewuchs auch gemäht werden. Dadurch werden in den Pflanzen gebundene Nährstoffe dem Gewässer entnommen.
Notwendiger Fischbesatz ist stets mit Kosten und Arbeit verbunden. Damit dieser Einsatz nicht gleich nach der Maßnahme von Kormoranen zunichte gemacht wird, kann die Insel mit einem speziellen Netz versehen werden. Dadurch werden die Kormorane wesentlich bei der Jagd behindert.
Quelle: rietmann-oegi.de